Kultur Land Menschen
Die Kärntner Landsmannschaft
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Tanzmusik und Lohn – anno dazumal
Von Günther Antesberger
Man
könne
“nit
wissen,
was
die
tanzende
Pursch
in
die
Geigen
wirfft”
-
so
und
ähnlich
lauteten
die
Antworten
örtlicher
Behörden
auf
eine
kaiserliche
Anfrage
im
Jahre
1738
was
man
den
Musikanten
fürs
Aufspielen
bei
Tänzen
und
anderen
“laetitia”
(Lustbarkeiten)
zum
Lohn
zu
geben
pflegte.Zuvor
schon
(1707)
hatte
Kaiser
Franz
Josef
I
ein
Patent
erlassen,
dass
alle
Wirtshäuser
wie
Tavernen
einen
“leydentlichen”
Impost
(Steuer)
in
die
Hofkasse
zahlen
sollten
-das
Land
sei
wegen
“schwere
krieg”
am
Boden
und
müsse
nun
auch
“Musiksteuer”
einheben.
Diesem
Schritt
folgte
alsbald
der
zweite,
der
nun
auch
die
Spielleute
selbst
der
Musiksteuer
unterwarf.
Und
das
trieb
die
Behörden
zur
Verzweiflung,
weil
sie
somit
zum
Ausspionieren
dieser
Einkünfte
gezwungen
waren.
Der
Auftrag
war
einfach
und
schnell
formuliert,
die
Umsetzung
naturgemäß
schwierig,
zum
guten
Teil auch unmöglich.
Geregelt
oder
“akkordiert”
war
die
Entlohnung
der
Musiker
kaum:
meistenteils
waren
sie
mit
“einem
Trunkh”
zufrieden,
manchmal
kam
ein
“weniges
Essen”dazu,
in
manchen
Pflegschaften
hatten
sie
“Ehre
Gottes
gratis”
zu
geigen.
So
gut
wie
alle
hatten
nebenbei
eine
eine
“andere
Handwbarkeit”,
um
“das
Jahr
hindurch
das
brott”
essen
zu
können.
Wohl
gab
es
an
manchen
Spielstätten
den
“aufleggroschen”
auf
den
Teller,
mancherorts
kam
dazu,
was
die
tanzenden
Burschen
“aus
generosität
in
die
geigen
zu
werffen”
pflegten.
Und
das
war
buchstäblich
so
gemeint:
die
Geige
als
”Auffangbehälter”
für
Geldspenden.
Das
forderte
Diebereien
geradezu
heraus.
Geklagt
wurde
darüber,
dass
die
Einkünfte
oft
zur
Hälfte
“entnommen”
wurden
und
dass
Instrumente
durchaus
auch
zerbrochen
wurden
um
zum
gespendeten
Inhalt
zu
gelangen,
dann
vor
allem,
wenn
die
Geigen
von
ihren
“bezechten”
Eigentümern
ungenügend
beaufsichtigt
waren
.
Für
realistische
Steuerschätzungen
also
eine
missliche
Ausgangslage.
Hinzu
kam
-
was
wohl
nur
den
ortsansässigen
Beamten
klar
war
-
die
ohnehin
triste
Lebenslage
der
“Spielleuth”
als
Gelegenheitsarbeiter,
Knechte,
Keuschler
und
Kleinhandwerker,
die
ja
kaum
eine
“ahrsambe”,
also
“bessere”
Hochzeit
bedienen
konnten.
Sie
kannten
keine
Noten
und
spielten
keine
“Minuet”,
sodass
die
Brautleute
oft
auf
“auswendige”
Musiker
aus
anderen
Gebieten
zurückgreifen
mussten.
Nachrichten
über
Volksgut
und
Brauch
wandern
oft
verschlungene
Wege
und
so
wäre
-
ohne
das
kaiserliche
“Patent”
(Kärntner
Landesarchiv!)
-
der
Entlohnungsbrauch
des
“in
die
Geigenwerfens”
wohl
noch
länger
verborgen
geblieben.
Allerdings
führt
auch
eine
Legende
um
den
biblischen
Dulder
“Hiob”
tief
in
die
Vergangenheit:
eine
slowenische
Legende
schildert,
dass
dem
leidendem
“Job”
der
von
Würmern
zerfressen
auf
einem
Misthaufen
sitzt,
eine
Musikantentruppe
aufspielt.
Job
kann
sich
nur
mit
einer
Handvoll
Würmern
bedanken,
die
er
seinem
Körper
entnimmt
und
einem
Spielmann in die Geige steckt.
Sehr
bald
wird
das
Instrument
seltsam
schwer:
die
Würmer
haben
sich
in
goldene
“Zechinen”
(rumen
cekin)
verwandelt.
Eine
wesentlich
jüngere
Kuriosität
wurde
von
Musikanten
aus
Meiselding
über
den
“wilden
Oasl”
berichtet,
einen
Bassgeiger
vom
Gunzenberg:
der
hatte
in
sein
Instrument
ein
Türchen
geschnitten,
um
gespendete
Naturalien
(Speck,
Würste)
verstauen
zu
können.
Diese
“Kammer”
hat
dem
Oasl
aber
auch anderes, weniger Geschätztes beschert: ein ausgewachsenes
“Webasn-Nest”.
Geigenspiel
und
Lohn
-
beides
spielt
in
einer
jahrhundertealten
europäischen
Legende
eine
Sonderrolle.
Im
Dom
zu
Lucca
hängt
eine
Christus-Statue,
bekleidet
mit
einer
Tunika,
die
offenen
Augen
stellen
ein
triumphierendes
“Antlitz”
(vol-to
santo) dar. Vor dem Bild spielte -nach einer Legende aus dem 12. Jahrhundert-
ein
armer
Geiger,
bis
ihm
die
Statue
einen
goldenen
Schuh
zuwarf.
Daraufhin
sollte
er
als
Dieb
gehängt
werden.
Ein
letztes
Mal
durfte
er
vor
dem
“volto”
spielen,
bis
der
zweite
Schuh
zu
ihm
herabfiel
und
er
begnadigt
wurde.
Das
“Bild
zu
Lucca”
wurde
in
ganz
Europa
populär,
die
Legende
selbst
vermischte
sich
mit
der
holländischen
Prinzessin
Wilgefortis,
die
von
Christus
selbst
in
Mannesgestalt
verwandelt
wurde,
um
einer
ungewünschten
Heirat
zu
entgehen.
Die
Prinzessin
jedoch
wurde
wie
ihr
“Vorbild”
gekreuzigt
und
galt
seitdem
als
“Heilige
Kümmernis”,
als
Schutzherrin
aller
Bedrängten.
Dargestellt
wurde
sie
in
der
Folge
mit
einem
knienden
Geiger,
auf
den
gerade
ein
goldener
Schuh
als
“Lohn”
zuschwebt.
Die
bekannte
Kärntner
Darstellung
in
der
alten
Filialkirche
Gerlamoos/Steinfeld
stammt
aus
dem
18.
Jahrhundert.
Den
Musikforscher
interessiert
an
den
Kümmernis-Bildern
vor
allem
die
Gestalt
der
Fiedel
und
des
Bogens,
die
Haltung
der
Geige
(vor
der
Brust),
die
Haltung
des
Bogens,
und
die
Erkenntnis,
wie
wenig
sich
seit
den
ersten
Bildern
aus
den
“Cantigas
de
Santa
Maria”
-Portugal
13.
Jh.-
im volksmusikalischen Bereich geändert hat. Im übrigen zieht mancherorts auch der
“Auflegteller” (siehe oben!) auch noch seine Kreise.
Literaturhinweise:
Antesberger, Günther: “Ain Groschen in die Geigen” - Kärntner Spielleute im 18. Jahrhundert, in : Musicologica
Austriaca Bd. 10, Wien 1991, hg. W. Litschauer. Ders.:”Honnete Tänz geigen zu därfen..” Thurner und Stadtgeiger
zu Klagenfurt, anno 1754; im JB des Österreichischen Volksliedwerkes 32/33
Intimazionen und erstattete Bericht über die durch das Jahr hindurch zu haltenden Tänze, 1738. Kärntner
Landesarchiv, Ständisches Archiv I, Sch 501-2
Überlieferungen Kärntens. In: Österr. Zeitshrift für Volkskunde”
Engel mit Geige am Hochaltar von Gurk,
Foto I. Mattitsch
Gerlamos, Hlg. Kümmernis und der
Fiedler, Foto W. Deuer
Engel mit Fiedel, Fresko im Dom zu
Gurk, Foto I. Mattitsch